Ja, ich habe die Gölä-Biografie gelesen

Alle, die schon wissen, was sie von Gölä halten, nämlich nichts: Geht doch mal ein Schnaps trinken und ein bisschen rumpoltern. In dieser Zeit schreibe ich, was das Buch “Gölä: Zigeunerherz” mit mir gemacht hat. Das ist Teil 2 unseres Biografie-Specials in diesem Herbst

Der im Toggenburg lebende Sumiswalder Dänu Wisler hat eine Biografie über Gölä veröffentlicht, die ich als Buchhändlerin und ewige Sucherin nach dem Guten im Menschen las. Ich war nicht mit Gölä im Bett! Und trotzdem fühlt es sich irgendwie so an, wenn ich Leuten von der Lektüre erzähle. Ich sage es hier noch einmal: Dass ich dieses Buches gelesen habe, heisst weder dass ich die politischen Ansichten des Mundartbüezers teile, noch seinen Musikgeschmack. Wobei, Bob Dylan ist schon geil.

Gölchen.

Item: “Gölä: Zigeunerherz”. Noch bevor ich richtig anfangen konnte, mir eine Meinung über den Inhalt dieses reich bebilderten Buches zu bilden, war der Titel in den Medien. Er geht natürlich gar nicht, das ist unbestritten. Konzentrieren wir uns nun dennoch endlich mal auf das Zwischen-den-Deckeln. Und ich meine jetzt nicht das Muni-Hoden-Rezept, sondern die unterhaltsamen – und ja, auch aufschlussreichen! – Anekdoten aus Göläs Leben.

In Form launiger Kurzgeschichten erfährt man beispielsweise, dass Gölä als (unfassbar zuckersüsser!) kleiner Junge jedes Regenwürmli rettete und deswegen ständig zu spät in die Schule kam. Dass ihn die Lehrer dafür bestraften, kann er bis heute nicht verstehen. Überhaupt hat der kleine Pfeuti nichts von Autorität gehalten. Es sei denn, er sei der Autoritäre gewesen. Mit dem Grusswort “ich komme wieder, wenn ich zu dieser Schule passe” verabschiedete er sich einst aus dem Unterricht … zwei Tage später wurde er in der Berner Reitschule aufgegriffen.

Es ist nicht so, dass man Gölä in diesem Buch von einer gänzlich unbekannten Seite kennenlernen würde. Er wird als Rebell durch und durch beschrieben, doch als einer mit einem guten Herz und einer grossen Faszination für die Natur, fremde Länder und Musik. Ich sage ja, so, wie wir ihn kennen. Umso schöner die Stellen, in denen Gölä auch mal still war. In einem Kapitel etwa steht, wie er zum “kleinen Bub” wurde, als er und Freund Zäppu im Rainbow Bar & Grill in Los Angeles zufällig Lemmy Kilmister begegneten. Worauf er sich im Bezug auf Frauen jedoch gleich wieder als der altbekannte Rüpel gibt. Oder wie nennt man das, wenn einer seiner Freundin beim dritten Date sagt, sie solle “nicht so blöd tun und richtig essen”? Als die Frau (seine grosse Liebe Heidi) ihn auf diesen Spruch hin so richtig derb anrülpste, war es aber endgültig um Gölä, den irgendwie-eben-doch-Romantiker, geschehen.

Schönes Cover, unschöner Titel.

 

Und wer soll das nun lesen? Ich würde sagen, Gölä-Fans und anders gesinnte Leute, die sich nicht zu schade dafür sind. Alle, die polarisierende Menschen mögen und die man (wie mich) sofort im Sack hat, wenn das Grossmaul der Nation als Klassenbester, als Herzensmensch, als Freund dargestellt wird. “Gölä: ***herz” ist kein literarisches Meisterwerk. Die Sprache ist urchig und die Erzählform sehr gewöhnungsbedürftig. Aber es gibt einiges zu lachen. Allein dafür lohnt es sich, da mal reinzuschauen.

Dänu Wisler: “Gölä: Zigeunerherz”, Werd Verlag 2020, 41 Franken (erhältlich in unserem Onlineshop)

Hier ist der erste Teil unserer Biografien-Serie zu lesen: Campino, “Hope Street”.

 

 

 

 

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