Snow Patrol zünden schon mal das Kaminfeuerchen

Nach dem Interview mit Snow Patrol-Frontmann Gary Lightbody am Gurtenfestival 2012 war ich zirka vier Tage plemplem vor Liebe (Nina auch! Das stimmt so nicht ganz*). Dass die schottische Band damals vor dem fiesesten Publikum aller Zeiten spielen musste, hab ich sogar bis heute nicht überwunden. Aber gut, Snow Patrol sind nicht zerbrochen – ihre neue EP ist ein stolzes Werklein.

Fast noch schöner, als wenn Lightbody die Songs auf “The Fireside Sessions” alleine geschrieben hätte, ist die Gewissheit, dass ihm vier- bis fünftausend Insta-Follower geholfen haben. The Saturday

Ach Gottchen, Gary Lightbody.

Songwriters, wie sie nun offiziell heissen. Es sind also nicht alle gemein zu Snow Patrol. Ausserdem kann man der Band nicht allein die Schuld geben, wenn einem die eine oder andere Passage nicht so gefällt. Und ich bin mir sicher, dass eh wieder alle alles langweilig finden (und die Songs dann zu Hause heimlich in Dauerschlafe hören und denken, aaaaah, er tut schon wahnsinnig viel mit mir, dieser sehnsuchtsvolle Schmuse-Pop). Ich denke, “Chasing Cars” ist einer der besten Popsongs überhaupt. Ich höre ihn aber auch nur heimlich, huere doof.

Entstanden ist die EP während des Lockdowns. Ein immer abgekämpfter aussehender Lightbody (er hat in der Isolation drei Alben für unterschiedliche Projekte geschrieben!) hat seine Ideen via Instagram Live vorgeklimpert, Melodie- und Text-Ideen seiner Fans gesammelt, zwischendurch eine Nachricht seiner Mutter beantwortet, die explizit dazu schrieb, er dürfe sie NICHT laut vorlesen, und nach einem rund einstündigen Rückzug den fixfertigen Song präsentiert. Elf Nummern sind insgesamt entstanden, veröffentlicht wurden fünf. Lightbody ist ein Alien. Oder, so ist es doch?

Ich gebs zu, man konnte Snow Patrol über die Jahre das eine oder andere vorwerfen. Zum Beispiel, dass ihre Songs im grossen Stil berauschend sein könnten, würden sie nicht immer kurz vor dem Höhepunkt wieder alles aufs Mittelmass runterfahren. Aber auf dieser EP war die Explosion ganz sicher nicht das Ziel. Dafür sind schon die Songtexte, in denen es grösstenteils um amouröse Gefühle geht, nicht gemacht. Lightbody hat beim Songwriting aber weiss Gott alles berücksichtigt, was er an

Plemplem 2012.

Inputs berücksichtigen konnte. So wurde “Light Years” zu einem von Bruce Springsteen durchgekämmten Countrysong mit Engelsstimmen gegen Schluss. “The Curve of Earth” ist ähnlich, allerdings mischen sich Country und Backgroundchörli da mit Angus & Julia Stone-Ambiente, während man bei “Reaching Out To You” Elton John am Klavier vermutet. Doch trotz all der Saturday Songwriters, die hier ihren Senf dazu gegeben haben, ist “The Fireside Sessions” (am allermeisten “On The Egde Of All This”) unverkennbar Snow Patrol. Und das find ich fast so bemerkenswert wie die Tatsache, dass die Band den gesamten Erlös dieser EP an den Trussell Trust – eine Organisation, die sich gegen Armut einsetzt – spendet.

SNOW PATROL & THE SATURDAY SONGWRITERS: “The Fireside Sessions” (EP), out (Polydor)

(Bilder Rockette alone)

*Nö. Zu jung. Schon damals, als ich ja auch noch jung war. Was mir viel mehr eingefahren ist: Snow-Patrol-Fans sind die schlimmsten überhaupt. Tatsächlich empfand ich nach dem Konzert einfach nur noch Wut, das Gurtenpublikum hatte sich … wirklich schlecht benommen. Also, es war unter jeglicher Sau, wie man so schön sagt. Warum? Das (Publikum) hatte sich zu einem heiteren Plauderstündchen eingefunden, während Gary sich auf der Bühne einen abkrampfte. Interessierte niemanden. Find ich scheisse.

Tags:

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.