Nothing Compares 2U

Ich habe “Rememberings”, die Autobiografie von Sinéad O’Connor, gelesen. Und jetzt kommen mir auch grad schon wieder die Tränen. 

Ihre unvergessliche Version von Prince’s “Nothing Compares 2U” war auf meinem (hier schon einmal erwähnten) Mix-Tape “Verschiedene Heisse”. Heute absolut unvorstellbar, dass ich dazu Stehblues getanzt habe und dabei verliebt und happy war. Wo Sinéad O’Connor im Video doch weinte, weil sie die Zeile All the flowers that you planted mama, In the back yard, All died when you went away an ihre Mutter erinnerte, die 1985 bei einem Autounfall gestorben war. Und wo ich heute weiss, dass ebendiese Mutter ihr und ihren Geschwistern unvorstellbare Gewalt angetan hatte. Es ist für mich also heute traurig genug, den Originalclip zu diesem Song anzuschauen. Noch viel stärker erschüttert mich allerdings diese Version von 2019:

Denn dieser Auftritt fasst das Gefühl zusammen, das man während der Lektüre dieses Buches empfindet. Eine Mischung aus unfassbarem Mitleid, Irritation und einer endlosen Faszination. Sinéad O’Connor ist das Kind einer Teufelin, wie sie selber schreibt, und hat es trotz allen Schlägen und Demütigungen geschafft, ihren fragilen, liebenswürdigen und sehr humorvollen Kern zu schützen. Und ja, ganz offensichtlich ist es ihr sogar gelungen, ihren Glauben an Gott nicht zu verlieren.

Sinéad O’Connor hat in ihrer Karriere mutige Statements gesetzt und sich mit Coolness gegen idiotische Zwänge der Musikindustrie gewehrt. Aber letztlich ist die irische Musikerin auch ein Leben lang missverstanden worden. Als sie bei einem Auftritt das Bild des Papstes zerriss, endete ihre Karriere abrupt. Dabei hatte das Bild ihrer Mutter gehört und Sinéad wollte mit der Aktion auf Kindesmisshandlung aufmerksam machen. Oder: Weil sie ihre Haare nie wachsen lassen wollte, hiess es, sie sei bockig. Dabei hatte auch dieser Protest mit den Wunden aus ihrer Kindheit zu tun. Und am Ende, das ist dann eben das Zweite, an das sich die allermeisten Menschen abgesehen von “Nothing Compares 2U” noch erinnern, galt sie als vollkommen durchgeknallt.

Bitte, bitte lest dieses Buch. Es ist so wunderschön einfach geschrieben, ehrlich, schockierend, himmeltraurig, berührend und ja, auch ein bisschen verwirrend manchmal. Zum Beispiel schreibt O’Connor von Jon Bon Jovi, den sie mal mit seiner netten Ehefrau Heather getroffen hat. Soweit ich weiss, ist Jon aber seit 1989 mit seiner Jugendliebe Dorothea Rose Hurley verheiratet. Aber abgesehen davon, dass sie Jon Bon Jovi wohl mit Richie Sambora verwechselte, hat Sinéad O’Connor eben auch unendlich viele zauberhafte Songs – darunter verschiedene heisse – geschrieben. Und auch die lernt man kennen durch dieses Buch. Wenn man will.

 

 

Sinéad O’Connor: “Rememberings”, Penguin Books Ltd 2021, 304 Seiten, Englisch, 38 Franken – hier erhältlich.

Das Buch ist unter dem Titel “Erinnerungen” auch auf Deutsch erhältlich (32 Franken) und via shop@bookette.ch bestellbar.

 

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