Soulsänger Seven hat mir in einem Interview mal gesagt, Gefühle abrufen, Erinnerungen wecken, so wie ein Tagebuch, “das cha nur Musig”. Klingt weise, stimmt aber nicht ganz: Auch Scratchbooks können das, Notizen, Fötzel, Skizzen, Collagen … “Stranger Than Kindness” von Nick Cave erklärt, was ich meine.
In unserem Podcast “Chick-Chat” fragen Nina und ich uns manchmal, ob wir in den Büchern, die wir gelesen haben, wohnen möchten. In “Stranger Than Kindness” könnte ich nur wohnen, bis ich es aufgefressen habe. Und sowieso: Es ist ein Buch, von dem ich fast lieber möchte, dass es in mir wohnt. Alles, was Nick Cave schreibt und zeichnet und klebt und fotografiert, würde ich mir am liebsten in den Hals stopfen, in die Venen spritzen, ja, so süchtig bin ich danach. Ihr solltet mal meinen Warenkorb auf cavethings.com sehen, der Seite, auf der man vieles, das in dem fast 300-seitigen, 1,335 Kg schweren (ja, shit, ich habs sogar gewogen) Werk vorkommt, als Poster, Tasse, Shirt usw kaufen kann. Weit über 1000 £ müsste ich zahlen, würde ich den Kaufbutton drücken.
Nick Cave – und ich rede jetzt ausnahmsweise mal nicht von seiner Musik – ist ja nicht einfach nur ein speziell guter Schreiber und Bastler. Er ist einer, der in einem die Lust weckt, in einen vergleichbaren Schaffensprozess einzutauchen. Inspirationen nicht nur im Handy zu speichern, sondern in einem Buch zu sammeln, Schönes, Schräges, Absurdes … dazu findet man übrigens eine passende Zeile aus “The Mercy Seat” (1988):
I began to warm and chill
To objects and their fields
A ragged cup, a twisted mop
The face of Jesus in my soup
Hier grad noch das geile Video zu dem Song:
Man merkts: “Stranger Than Kindness” ist definitiv mehr als ein Buch für den Salontisch. Es ist eine Droge (ich glaube, man sieht auch ziemlich stoned aus, wenn man im Banne von so viel Kunstschaffen auf seine bezaubernden Seiten starrt).
Nick Cave: Stranger Than Kindness, KiWi Verlag, 276 Seiten, 44.90 Franken (deutsch) / 59.90 Franken (englisch). Erhältlich bei Bookette.
