The Sting King

Es rumpelt in der Magengegend, als würden die Flugzeuge im Bauch ein paar Sturzflüge üben. Es ist verdammt lange her, dass ich nach einem Konzert so verstört-verliebt umhertorkle, als wäre gerade Prince Charming auf dem weissen Schimmel quer durch mein Herz galoppiert.

Der Prinz in dieser Mär ist kein geringerer als Sting, falsch, er ist ein King, mein neuer King. Dass Sting so einen Effekt auf mich haben würde, kommt gänzlich unerwartet. Ich habe sogar lange gezögert, ob ich das Abenteuer Sting überhaupt in Angriff nehmen sollte, so ein grosser Fan bin war! ich nun auch nicht, aber nachdem ich ein Ticket zum normalen Preis für das restlos ausverkaufte Konzert in Montreux angeboten bekam, war die Versuchung grösser als die Vernunft. Weil das Konzertticket ist mit 155 Stutz sacketeuer, dazu kommt noch Kost und Logis. Ausserdem wird das ein Ausflug nur mit mir, weil der übliche Partner in crime einen Rundflug zu Eddie Vedder nach Berlin gelöst hat. Für Sting hätte ich Gewinn bringend das Doppelte, Dreifache, wenn nicht gar Vierfache heuschen und damit an der heimischen Barbarie eine Lokalrunde spendieren können. Stattdessen liess ich mich von der Idee beflügeln, einfach mal alleine einen drauf zu machen.

Also nicht ganz so alleine.

Allein unterwegs zu sein, hat gewisse Vorteile. Man quatscht ungeniert mit dem Ami im Zug, der sich als persönlicher Gast von Quincy Jones für das Elton John Konzert entpuppt. Er zeigt mir sein Video vom Jones-Konzert in Paris einige Tage zuvor, beste Plätze, just awesome. Und weil man sonst nichts zu tun hat in Montreux, ist man zeitig im Auditorium Stravinsky und sichert sich einen Platz in der zweiten Reihe. Bang Bang Romeo eröffnen für Sting, noch nie gehört, aber für einmal wenig verwunderlich, sie haben noch nicht mal ein richtiges Album draussen. Sie werden verglichen mit Gossip, der Vergleich hinkt nicht, Frontfrau Anastasia Walker setzt sich für die LGBT-Gemeinde ein und will die männerdominierte Musikindustrie gehörig aufmischen. Nebst ihren eigenen Songs spielen sie Covers wie «What’s up» von den 4 Non Blondes sowie ein Mix von «God is a Woman» mit Justin Timberlakes «Cry me a River». Die Stimme von Walker ist eindringlich, die Freude, als Newcomer am legendären Montreux Jazz spielen zu dürfen, ergreifend.

«Love your Body»-Body. Anastasia Walker, Bang Bang Romeo.

Aber als Sting auf die Bühne kommt, ist Bang Bang Romeo fast vergessen. Während sich andere Künstler in seinem Alter mit Rollstuhl oder Gehstock auf die Bühne mühen, ist Sting fitter und durchtrainierter als manch 40-Jähriger. Mir wird heiss in der klimatisierten Halle. Sting sieht nicht nur für einen 67-Jährigen gut aus. Doch bevor ich mich vollends verliere, ein paar Worte zum Konzert, die Musik, weswegen man sich hier heute Abend eigentlich trifft. Sting wird von einer fulminanten Band begleitet, die allesamt im Verlauf des Konzertes bei ihren Soli so richtig zeigen, was sie draufhaben. Besonders beeindruckend: das Mundharmonikaspiel von Shane Sager und das Duett mit Sänger Gene Noble zu «Shape of my Heart». Sting spielt Lieder von seinem neusten Album «My Songs», auf dem er seine Klassiker neu eingespielt hat. Er spielt also nur Hits. Sting.  Sting & Shaggy. Und hauptsächlich The Police. Das Set lässt keine Wünsche offen, es wird getanzt, gepogt, geträumt, mitgesungen. Und auf meinem Plätzchen wird einfach nur angehimmelt.

Sigh.

Nachdem Konzert bin ich eigentlich schon vollends selig. Ich ergattere noch eine Setlist von einem Techniker und schwebe die Treppen des Auditoriums runter. Da erblicke ich einen Bekannten, wechsle ein paar Worte, er war beim Mischpult, auch er begeistert. Es war also nicht nur die Nähe zu Sting, die mich schockverlieben liess, es war tatsächlich auch ein grossartiges Konzert. Ich trödle noch ein bisschen im Shop rum, genehmige mir einen Drink und mache mich auf den Weg Richtung Airbnb. Dieser führt beim Hintereingang des Auditoriums vorbei, wo sich ein paar Fans um eine Limo scharen.

The Limo. Out of Duty.

Man wartet auf Sting. Ich jetzt auch. Ich positioniere mich bei den Vollblutfans mit Setlisten und Alben in der Hand, die stehen erfahrungsgemäss am erfolgreichsten. Und haben Stifte. Wir warten. Die Band kommt bei einem anderen Ausgang raus, wir warten bei der Limo immer noch auf Sting. Und warten. Auf einmal grosse Aufregung. Sting geht zu Fuss! Er hat einen anderen Ausgang genommen und läuft jetzt mit seiner Entourage davon. Eine Handvoll Fans und ich folgen dem Trupp mehr oder minder diskret.

Man in White. Sting. King.

Vor seinem Hotel, das nur wenige hundert Meter vom Auditorium entfernt ist, hält er an und gibt Unterschriften. Es ist zwar hektisch und er nicht sonderlich gesprächig, aber ich bekomme ein Autogramm und kann ihm noch meinen Dank für seine Musik zurufen.

Den Rest klären wir dann in meinen Träumen.

Stillleben.

Hier gibt es noch ein paar Bewegtbildli: Instastory auf dem Profil von Rockette.

 

Bilder: Dominique

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