“Der Papst hat jetzt nicht gerade geheadbangt”

Dotan hat noch nie Bananenbrot gebacken (und hat es auch nicht vor). Die Schauspielerin Kristen Wiig findet er dafür super, und er hatte schon einen Aufritt vor dem Papst. Der niederländische Sänger veröffentlicht heute das Album “Satellites”. Also haben wir mit ihm telefoniert.

Lange ist mir beim Stichwort Satellit ja leider sofort dieser Song in den Sinn gekommen (Achtung, anhören auf eigene Gefahr!). In Zukunft wird das hoffentlich (bitte!) nicht mehr der Fall sein, denn ab heute können wir alle gemeinsam durchs All schweben – mit Dotan und seinem neuen Album “Satellites“. Nein, das ist kein PR-Geschwafel. “Satellites” ist nur einfach mal wieder eines dieser Alben, das mich von der ersten Sekunde an in seinen Bann zieht. Es ist kraftvoll, schwermütig und doch immer voller Hoffnung. Es ist Popmusik mit Tiefgang und richtigen Hymnen (etwa der Song “Numb“. Der Opener heisst “No Words” und Dotan singt darin:

No words
Silence
I just let the music speak

Ja, Dotans Musik macht Eindruck. Die Videos dazu auch. Und das kurze Telefoninterview mit ihm dann erst recht. Er ist ein richtiges (ich kann kaum glauben, dass ich gleich dieses Wort benutze …) “Schätzeli” (… aber es stimmt). Obwohl Dotan ja eigentlich lieber face to face gesprochen hätte, als all die Zoom- und Telefon-Interviews zu geben. Same, lieber Dotan, same. 

Rockette: “Satellites” erscheint ganze sieben Jahre nach deinem Debütalbum “7 Layers” (Anm. übrigens einem der meistverkauften holländischen Alben aller Zeiten). Warum hat das so lange gedauert? 

Dotan: Ich habe in den letzten drei Jahren am Album gearbeitet und wollte, dass es wirklich in sich stimmig wird. Ich habe etwa 50 Songs geschrieben und lange überlegt, welche davon aufs Album sollen. Der Grossteil der Aufnahmen entstand in Los Angeles, dann kehrte ich letztes Jahr wegen Corona nach Hause zurück und sass quasi fest in Amsterdam. Ich habe die Vocals in meinem Schlafzimmer aufgenommen, mit der Bettdecke über dem Kopf. Das war erst mühsam, aber so ist es nun wirklich mein persönlichstes Album, mein Baby, dass nun auf die Welt kommt. Blut, Schweiss und Tränen sind definitiv geflossen.

(Immer wenn jemand sagt, das Album oder der Song sei “so persönlich”, höre ich in meinem Kopf Rockette Nina, die sagt: “Das sagen immer ALLE, über JEDEN Song und JEDES Album!” Dotan lasse ich die Formulierung aber dieses eine Mal durchgehen, weil ich ihn sooo sympathisch finde und weil seine Musik ja teilweise aus dem eigenen Bett kommt, das ist schon sehr persönlich.;)) 

Der Albumtitel “Satellites” zieht sich inhaltlich durchs Album. Wie kamst du darauf und was steckt dahinter? 

In den letzten Jahren fühlte ich mich irgendwie wie betäubt und ich kämpfte mit psychischen Problemen (Song “Numb”). Ich wollte wieder fühlen und am Leben teilnehmen. Diese Gefühle flossen in meine Texte und mir wurde bewusst, dass wir alle wie kleine Satelliten sind, die durchs All schweben und versuchen, Verbindungen herzustellen. Wenn wir unsere Erfahrungen und Probleme miteinander teilen, merken wir, dass wir alle Ähnliches durchmachen und fühlen, dass wir verbunden sind. Das gilt besonders für das letzte Jahr. 

Dein Video zum Song “Mercy” hat für ganz schön viel Furore gesorgt. Du bist darin extrem durchtrainiert. War das eine Nebenerscheinung des Lockdowns? 

Tatsächlich, ich habe früher nie wirklich trainiert. Aber im letzten Jahr habe ich es als eine Art Meditation – zwar eine sehr verschwitzte – für mich entdeckt. Früher hatte ich nie so richtig Zeit dafür, aber im Lockdown dann plötzlich schon – und wenn ich dann mal etwas mache, dann so richtig. Das ist bei mir immer so, wenn ich mir zum Beispiel endlich Zeit nehme zu lesen, dann lese ich gleich drei Bücher gleichzeitig (Anm.d.R.: ein Fall für Bookette!).

Und ja, von all den Feuer-Emojis, die nach der Veröffentlichung des Clips in meine DMs rutschten, war ich sehr überrascht. Ich dann so: ‘Hey, danke, aber der Song ist eigentlich sehr traurig, das sollte nicht sexy sein’.”

Hast du dir im Lockdown noch andere neue Hobbys oder Fähigkeiten angeeignet?

Also Bananenbrot habe ich keines gebacken. Und da wir gerade dabei sind, wieso sehen die eigentlich immer bei allen exakt gleich aus, mit dieser halben Banane oben drauf, ich verstehe es nicht. Ich habe die Zeit tatsächlich genutzt, um an meinem Gitarrenspiel zu arbeiten, ich hatte nämlich nie wirklich Unterricht. Ein paar Grundkenntnisse in Italienisch habe ich mir auch angeeignet. Und ich habe angefangen, analog zu fotografieren. Ah, und ein Album habe ich fertiggestellt, natürlich. 

Du durftest letztes Jahr am Weihnachtskonzert des Vatikans vor dem Papst spielen. Vor wem würdest du als nächstes gerne spielen, der Queen vielleicht?

Hmm, für die Obamas würde ich sicher gerne spielen. Oder für Kristen Wiig (US-amerikanische Schauspielerin), die finde ich so lustig. Da würde ich glatt selbst Geld dafür bezahlen, nur um ihr Gesicht zu sehen. Aber in Wahrheit würde ich einfach generell gerne wieder vor Menschen spielen, in echt. Und der Papst hat jetzt nicht gerade geheadbangt oder mitgesungen bei meinem Aufritt.

LIVE: Das Schweizer Publikum geht dann hoffentlich Ende Oktober mehr ab als der Papst. Am 28. Oktober spielt Dotan nämlich, wenn alles glatt läuft, im Exil in Zürich. 

DOTAN: Satellites, out (Electric Records)

(Foto: ZVG, Pressebild Dotan)

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