Bei Anruf Rea Garvey

Rea Garvey ruft uns manchmal an. Okay. Das tut er nicht. Wir rufen uns gegenseitig an und haben einander auf dem Natel unter den Namen von Stars gespeichert. Warum ausgerechnet als Rea Garvey wissen wir nicht mehr. Es war damals in diesem Sommer, als Festivals noch erlaubt waren. Aber jetzt – in diesem weniger euphorisierenden Winter – hat er wahrhaftig angerufen.

Er wollte mit uns über sein neues Album “Hy Brasil” sprechen, das am Freitag erschienen ist. Als erstes erzählten wir natürlich von unserem Schabernack und er fands lustig. Dann sprachen wir noch ein bisschen übers Album:

Rockette: Du bringst ein neues Album heraus, in einer Zeit, in der du keine Livekonzerte geben kannst. Wolltest du die Veröffentlichung nicht verschieben?
Rea Garvey: Es ist für alle schwierig. Aber ich will positiv, kreativ und flexibel bleiben. Ich will mich nicht als Opfer sehen. Ich will, dass die Platte gehört wird. Sie ist mein bestes Werk.

In der Medienmittelung heisst es, es sei keine Corona-Platte, was meinst du damit?
Wäre es eine, wäre sie sicher richtig depressiv. Aber ich habe die Songs zum Glück 2019 geschrieben, weshalb sie nicht von all dem beeinflusst sind. Als das alles losging, wusste ich, ich wollte mich nicht unterkriegen lassen, obwohl es nicht einfach war. Ich war zum Teil als einziger im Studio und musste sehr viel alleine machen. Und musste viel ausporbieren. Als es dann geklappt hat, dachte ich “fuck it, ich kanns ja”.

rea garvey im Murten
Wir haben Rea übrigens letztes Jahr am Stars of Sounds in Murten gesehen. Von vorne auch.

Das Album heisst “Hy Brasil”. Das ist laut Medienmitteilung der Name einer Insel, die angeblich unmittelbar vor der Westküste Irlands lag und von 1325 an in vielen Seekarten verzeichnet war. Ein Kapitän berichtete, die wunderschöne Insel sei unter anderem von grossen schwarzen Hasen und einem Zauberer bewohnt. Irischen Mythen zufolge war sie von so dichtem Nebel umgeben, dass sie überhaupt nur alle sieben Jahre einen Tag lang vom Meer aus gesehen werden konnte. Die Erkenntnis, dass Hy Brasil wohl schlicht nicht existierte, setzte sich im 19. Jahrhundert langsam durch. Glaubst du noch immer daran, dass es die Insel gibt?
Ich bin Musiker, ich muss an sowas glauben. Ich selbst erlebe ja etwas kaum Vorstellbares. Nur etwa ein Prozent aller Musiker verdienen genug, um davon zu leben. Ich gehöre dazu. Das muss man erst mal glauben können. In Zeiten, in denen ich mich der Musik nicht so verbunden fühle, geht es mir schlecht, dann ist mein Leben kalt und ich muss darum kämpfen, wieder zur Musik zu finden. Wenn ich diese Liebe wiederfinde, ist es magisch, als lebte ich auf dieser Insel.

Apropos Irland: Wie findest du The Pogues?
Ich finde The Pogues eine der besten Bands. Ich habe sie ein paar Mal live gesehen und das hat so gerockt. Shane MacGowan ist einer der besten Dichter überhaupt. Und auch ein Opfer seiner selbst. Aber seine Musik überdauert alles. Die Musik hat gewonnen.

Vor 20 Jahren brachtest du mit deiner damaligen Band Reamonn “Supergirl” heraus. Das war ein Riesenhit. Versuchst du mit dem neuen Album an diesen Erfolg heranzukommen?
Ich denke beim Arbeiten nicht daran. Mit Reamonn versuchten wir an “Supergirl” anzuknüpfen, aber gelang nicht. So etwas schaffst du nur einmal. Deshalb konzentriere ich mich heute auf die Musik, nur so kann man letztlich Erfolg haben.

Bevor er auflegte, sagte er noch, er hoffe, dass er wieder dran sei, wenn sein Name auf dem Display erscheine. 

Das hoffe ich auch. Uf Widerhörä i däm Fau.

REA GARVEY: “Hy Brasil”, out (Island, Universal Music)

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