Vor zweieinhalb Jahren zog Joe Volk von Bristol nach Bern. Die Liebe. Wäre die nicht so stark gewesen, hätte er diesen Schritt nicht gemacht. Bristol zu verlassen ist einfach nie eine Option gewesen. Neva eva.
“Irgendwann habe ich realisiert: Genau weil es für mich nicht in Frage kommt, Bristol zu verlassen, muss ich Bristol verlassen. Ich war da ein bisschen zu verwurzelt und manchmal ist es einfach gut, die Dinge durchzuschütteln. Also mischte ich die Karten neu und zog nach Bern. In diese kleine Stadt, die zwar viel sicherer ist aber auch weniger lebendig.”
Als Schweizer Musiker möchte er sich nicht bezeichnen. Obwohl er hier lebt, eine Schweizer Frau und Schweizer Kinder hat. No, Joe Volk ist und bleibt an english man, you know. Es ist ja auch nicht so, dass ihn der Wohnortwechsel in seinem musikalischen Schaffen verändert hätte.
“Letztlich ist es nicht meine Umgebung, die mich beim Schreiben beeinflusst. Es gibt sogar Orte, an denen habe ich das Gefühl, ich sauge sie aus, wenn sie mir als Inspiration dienen müssen. Wohl mache ich in Songs Bezüge zu meinem Leben, zur Aare oder was weiss ich. Aber ich könnte nicht umfassend erklären, woraus beispielsweise konkret mein neues Album gewachsen ist. Ich habe immer Notizbücher um mich. Wenn ich schöne Sätze sehe oder wohlklingende Wörter, notiere ich sie. So entsteht etwas, zusammengesetzt aus privaten Dingen, Gedanken, die mich beschäftigen … aber Lyrics sind es nicht.”
Man darf Joe Volk auch tatsächlich direkt ins Gesicht sagen, dass man aus seinen Texten nicht schlau wird.
“Natürlich verstehe ich das. Ich bin ja auch kein Dichter. Für mich muss die Musik immer zuerst kommen. Es macht einfach keinen Sinn, einen Text zu schreiben, wenn keine Musik da ist. Oftmals entstehen die Lyrics in dem Moment, in dem ich dabei bin, die Gesangsmelodie zu finden. Manchmal, wenn ich das gerade tue, kommt mir ganz automatisch der Text in den Sinn. Meine Songs sind ein Mix aus ehrlichen Dingen, manchmal in Methaphern ausgedrückt, manchmal auch nur in Worten gesagt, deren Phonetik ich mag.”
Und dann sitzt er da, beschreibt das so. Wie schön er es findet, dass seine Songs dadurch, dass deren Lyrics so schwer zu fassen sind, bei jedem Zuhörer ein anderes Leben führen können. Irgendwie. Und er redet weiter, erzählt, wie sein Album entstanden ist und wie sein langjähriger Freund Geoff Barrow – der gleichzeitig der von Portishead ist und Chef des Plattenlabels Invada Records, bei dem Joe Volk mittlerweile seinen Berner Zögling (also Volk ist sein Manager) Mario Batkovic untergebracht hat – wie also dieser Barrow ihm sagte: Joe, mach jaaaa nicht noch einmal dasselbe Album wie zuvor.
“‘Derwent Waters Saint’ war sehr akustisch. Safe Territory. Mit bloss einer Gitarre und meiner Stimme einen Raum voller Leute ruhig halten, das kann ich. Dieses Mal wollte ich mehr Instrumentation, mehr Risiken eingehen. Es war schwierig, meine Komfortzone zu verlassen, aber ich habe mit diesem Album gelernt, dass man sich nicht auf Lorbeeren ausruhen darf. Dass man vorwärts gehen muss, auch wenn es riskant ist und schief geht. Ich bin wirklich stolz drauf. Alben sind immer noch etwas sehr Persönliches für mich. Ich mache es für niemanden ausser mich selbst. Und ja, ich weiss nicht, ich bin glücklich damit.”
JOE VOLK, “HAPPENINGS AND KILLINGS”, Out: 19.02.2016, Glitterhouse;
Konzert: 29.04.2016, Bern, Dachstock (mit Mario Batkovic)
(Bilder: Irascible/Joe Volk)
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