Die warmen Strahlen der Minor Sun

Michael Sele, Mac Vinzens, Andi Zuber

Ein weiterer Beitrag zu meinem Thema der Woche: Wir kennen zuviel Musik, die wir nicht kennen wollen und bekommen von zu viel Musik nichts mit, die wir eigentlich gerne längst kennen würden. The Beauty of Gemina feiern am 19. November (leider just an dem Tag, an dem Benjamin von Stuckrad-Barre im Zürcher Schauspielhaus liest) im X-TRA ihr zehnjähriges Jubiläum. Und ich: Kenne die Band seit gut einem Monat. Seit die Promo für das siebte Studioalbum “Minor Sun” begonnen hat. Ich verspüre unfassbar dringenden Nachholbedarf.

Vorerst bin ich allerdings ausreichend beschäftigt mit den 13 allerneusten Songs der Band, von denen ja einer genau genommen gar kein neuer ist. “Crossroads”, die erste Single, wurde 1991 von dem mittlerweile verstorbenen US-Country-Folk-Blueser Calvin Russell veröffentlicht und ist für mein Empfinden so etwas wie der perfekte Song. Ich höre ihn im Original nun sicher schon zum 3000. Mal an und liebe ihn eher immer etwas mehr als weniger. Nicht zuletzt wegen dem Text, der mir sagt, dass es letztlich keine Rolle spielt, welchen Weg man im Leben geht. Sie sehen alle gleich aus. Ist ein Weg gut, dann hat man Glück, ist er schlecht, kann man seine Lehren ziehen. Der einzig wirkliche Fehler, den man im Leben begehen kann, ist der unsorgsame Umgang mit der wahren Liebe.

Es braucht natürlich guts, so eine Nummer zu covern. Und Michael Sele, Frontmann von The Beauty Of Gemina, sieht ja auf den ersten Blick eher ein bisschen aus, als wäre ihm schon der leiseste Sonnenstrahl zu heiss. Die Cover-Version ist aber mehr als gelungen, weil der Sänger und Songschreiber die Basis, Gitarre und tiefe Stimme, unangetastet gelassen und dem Song lediglich einen dezenten Stromstoss versetzt hat, der ihn treibender und voller macht. “Crossroads” ist das Herzstück des Albums, weil am meisten Blut, am meisten Wärme durchfliesst. Gemessen an der winterlichen Ausstrahlung, die die restlichen Stücke aufweisen.

The Beauty of Gemina wird vorzugsweise – und das würde auch erklären, warum ich bis heute noch nichts von der Band mitbekommen habe – von der Gotik-, der Dark Wave-Szene engagiert. Ein Grund dafür dürften die düsteren Texte sein, die nicht selten vom nahenden Tod handeln. Und die Melodien, die sich ohne klar auszumachende Strophen-Refrain-Unterteilung ganz hervorragend zum Abtauchen eignen… in die Nacht oder zumindest einen kühlen, verdunkelten Raum, wo die Stimme des Sängers weniger von der Bühne, denn aus den Betonritzen zu strömen scheint.

Komisch ist, mir persönlich beschert das Album trotz allem gerade ganz viele Lichtmomente. Man muss nur mal die Augen schliessen und sich vorstellen, man würde zu einem Song wie “Down On The Lane” in der goldenen Herbstsonne durch die Stadt schreiten oder zu “Wonders” frühmorgens in den Tag hinein. Als Begleitumusik zum Cardio-Training, das kann ich versichern, kann einem mit The Beauty of Gemina sogar richtigrichtig heiss werden.

THE BEAUTY OF GEMINA: “Minor Sun”, out (TBOG Music)

Konzertauswahl: 29.09, Rockpalast, Bochum (DE), 06.10. Nachtlebel, Frankfurt (DE), 12.11. Death Disco, Athen (GRC) 19.11. X-TRA, Zürich, 25.11. Schattenwelt Festival, Schwechat (A)… weitere Daten und Infos: www.thebeautyofgemina.com

(Pressebilder)

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