Man hat ja nicht alle Tage so einen doofen runden Geburtstag. Und das Ende Februar ist irgendwie doppelt blöd. Entweder man organisiert was in einer viel zu engen Waldhütte, geht Schlitteln oder verschiebt das Ganze auf den Sommer. Mit Grill, Pool und so. Oder, man ergreift die Flucht nach: Hamburg! Ja genau, Hamburg. Dort wollte ich schon immer hin und es ist schliesslich MEIN Geburtstag. Fernab der grossen Erwartungen auf Party! Party! im Bekanntenkreis war ich dann einfach mal weg. Zwar waren die Emotionen in den vier Tagen wie das Wetter: Schneesturm, Graupel und eitler Sonnenschein, aber eins nach dem anderen.
Ich wollte unbedingt und superdringend Fehlfarben („Es geht voran!“) im Hafenklang sehen. Deutsche Band in deutscher Stadt, so stellte ich mir den perfekten Abend vor. Bloss, das Konzert war restlos ausverkauft und der Kassenmann meinte nur lapidar „Keine Chance“. Heul, bittere Tränen, heul. Zum Trost wurde ich in einer Piratenbar mit Mexikanern abgefüllt (das ist so ein komischer Shot mit Tomatensaft und sehr, sehr viel Würze. Bloody Mary-Konzentrat wär auch eine treffende Beschreibung).
Nun, spontan entschied ich, das kann es nicht gewesen sein und verlängerte meinen Geburtstag gedanklich um ein paar Tage. Hamburg ist wirklich nett, viel Wasser, viele Schiffchen und noch mehr nette Menschen, die scheinbar alle an Konzerte gehen. Am Freitagabend war Tricky im Mojo Club, auch ausverkauft. Hier hatten wir glücklicherweise schon Tickets. Meine Begleitung gab sich alle erdenkliche Mühe, das Drama des Vortages wieder wett zu machen und diesmal wurde ich mit Moscow Mule benebelt. Moscow Mule scheint der neue Hugo zu sein (Den Besten gibt es übrigens im Barterre in Solothurn, im echten Kupferbecher!). Tricky, für die jungen Schnufer, der machte früher unter anderem Musik mit Massive Attack und spielte sogar eine Rolle in The Fifth Element. Tricky mit seinen Skilled Mechanics waren überirdisch gut. Schlagzeug, Gitarre und der Grandmaster himself, von abdriftenden ruhigen Beats bis hin zur grandiosen Rockoper. Mehr verrate ich nicht. Weil heute spielt der psychodelic Motherfucker im Fri-Son/Fribourg. Im Fall, es gibt noch Tickets. Wer nicht hingeht wird ewig traurig sein.
Aber eins war noch offen, deutsche Band in einer deutschen Stadt. Letzter Abend, zweite Chance für den Hafenklang. Diesmal mit den Punkrockbands Steakknife (Saarbrücken) und Damniam (Münster). Noch nie gehört?
Ich auch nicht. Aber absolut empfehlenswert. Beides. Die herzigen Damniam, der Matto feierte seinen zarten 19. Geburtstag, sie erinnern stark an die frühen Green Day, damals, als ich auch erst 19 war. Hach. Und der Hafenklang. Rauchen verboten. Ja, klar. Hier ist es noch real Punk, billiges Bier saufen und sich um jegliche Verbote futieren gehört dazu. Auf der Damentoilette nebenan war Herrenbesuch, da gehe ich aber lieber nicht ins Detail. Darum Flucht zu den Steakknifes, Punkrocker der alten Schule, die aussehen wie verirrte Businessmen. Aber oho, das ging ganz schön ab. Von alten Punkern lernt man eben noch richtig rocken. Ich fühlte mich erneut zurück versetzt in die guten alten Zeiten. Also jung. Die Zeichen standen auf Versöhnung. Mit meinem Geburtstag, mit dem Hafenklang und mit meinem Liebsten. Zum krönenden Abschluss gingen wir noch kurz ums Eck. In den Schellfischposten. Aber ohne Ina. Gute Nacht.
(Bilder: privat)