So, jetzt aber, jetzt machen Mathias Schenk und Marco Gurtner wirklich definitiv einen Podcast. Im schlimmsten Fall mit nur zwei Zuhörenden – Hauptsache einer von ihnen ist Patent Ochsner. “Herrgöttli panaschiert” die Elfte – für euch protokolliert.
Datum: 9. Juli 2020
Beginn: 19 Uhr
Ende: 19.45 Uhr
Ort: Instagram
Folge: 11
Anwesende: Mathias Schenk, Marco Gurtner, Tschatschen, eine 19-Jährige und kein Gramm.
Protokollantin: Rockette Miriam
Zur Protokollführung: Passagen mit Musikbezug sind fett. Etliche wurden weggelassen.
So, Mathias hat schnell die Uhr ausgezogen. Er muss den Puls gerade nicht messen, vom Dingdong her.
Er würde jetzt schnell winken, sagt er.
Höööi, höi, gopfertelisiech nonemau. Sali, Gustelino Brösmeletti!
Mathias und Marco geht es gut. Mathias ist aber zum Teil grundlos hässig. Marco kennt das Gefühl, allerdings hat es bei ihm schon immer einen Grund.
Mathias hat ein lustiges Video gesehen. Er schreit vor Lachen. Ein kleiner Hund klaute darin ein Gebiss von seinem Herrchen und trug es genau so im Mund, dass es aussah, als wäre es sein Gebiss. Es brauche nicht viel, dann könne er lachen, sagt Mathias. Gesehen hat er es drüben auf Facebook. Marco geht es jetzt nicht schauen, sonst wäre er weg.
Santé Gusti. Marco hat gerade gelesen, er trinke Edelspiez, aber es ist ein Edelspez. Wäre auch komisch, an Spiez ist schliesslich überhaupt gar nichts edel.
Marco hat heute Zügelkisten getragen. Sie waren noch zusammengefaltet. Er dachte, kein Ding, die kann ich einfach in den Zug mitnehmen. Er trug vier, pro Hand zwei, und musste die Sieche so komisch halten – nicht italienisch, er zeigt wie ers meint. Seither zittert die ganze Zeit seine Hand.

Mathias meint, wenn er klettern würde, dann wäre dieses Zittern nicht ungewöhnlich. Doch Marco ist eher eine Klette als ein Kletterer. Marco fragt sich, wie es wohl aussieht, wenn er gleich ein Textblatt in der Hand hält. Mathias kann ihm sagen wie: brätschhohl.
Marco ist heute Ton in Ton mit allem. Sogar sein Gesicht ist rot. Es sind die Lampen, die machen alles rötschelig. Mathias will wissen, warum er in einem solchen Puffkeller ist. Marco ist im Historischen und Völkerkundemuseum. Von der Historie her ist es Völkerkunde. Marco ist mit drei Leuten im Raum, die vielleicht wieder gehen werden. Manche sind am Essen, die zählt er nicht. Marco ist am Kulturfestival St. Gallen. Das ist in St. Gallen und es geht um Kultur. Er zeigt den Backstage. Mathias kennt das: In jedem huere Backstage gibt es ein bisschen Hungg und mehrere Abfallkübel.
Jemand ist im Bild. Mathias kennt ihn. Jachen oder Tschatschen heisst er, sagt Marco.
Marco muss Mathias jetzt mal zuhören. Als er und Marco sich zum ersten Mal geschrieben haben, dass sie abmachen wollen, sass ebenfalls haargenau dieser Typ bei Mathias im Backstage. Das ist kein Witz!
Marco will Mathias gleich zu Tschatschen durchgeben. Das will Mathias nicht, so wichtig ist es nicht, er ist schüchtern.
Marco richtet Tschatschen aus, Mathias, Schäich Maserati, habe Angst.
Tschatschen erkennt Mathias. “Ah, dä gäili Siech mit derä gäile Bänd” kommt es aus dem Hintergrund. Marco übersetzt: Ah, der huere Pflock mit dieser scheiss Band. Der von der Jazzband, dessen Lachen so genervt hat.
Mathias möchte gerne ein megacooles Lachen haben. Er würde gerne tiefer lachen.
Tschatschen lässt via Marco ausrichten, er sei übrigens der Typ, der auf Spotify Mathias’ Musik hört. Mathias findet das schön.
Marco hätte manchmal gerne eine tiefere Stimme. Doch wenn er tief redet, bekommt er immer auch gleich ein Doppelkinn. Das passiert Mathias, wenn er Baseldeutsch redet. Oder nein, er streckt dann immer den Kopf nach vorne.
Sali zäme, sagt Marco zu jemandem. Sie begrüssen sich mit Fäusten. Gescheit auch, wenn man sich danach gleich wieder ins Gesicht fasst, sagt Marco. Bei Marco passieren wilde Sachen. Er nimmt keine Finger mehr in den Mund.
Mathias rülpst und entschuldigt sich. Der ist ihm ab.
Bei Marco ist eine Frau. Sie hat heute Geburtstag. Sie ist 19 und kein Gramm. Kein Gramm Koks. Marco hat extra auf den Rider geschrieben, er wolle einen Einzelbackstage. Das hat nicht geklappt, deshalb kann er jetzt nicht in Ruhe einen Live-Stream machen.
Marco hat kurze Hosen montiert. Das kann er noch nicht lange, doch irgendwann sagte er sich: Komm, wenn es schon so heiss ist.
Mathias hat sich Socken gekauft, die er auch mit kurzen Hosen tragen kann. Er war nie so der Söckeler, doch jetzt, wo es alle tun, kann er es auch. Die neuen Socken sind normal hoch, weiss mit schwarzen Streifen. Ah, Marco hat ihn dazu inspiriert. Er sei halt auch eine alte Tennislegende, sagt Marco. Mit dem Racket voran auf die Welt gekommen. In der Steisslage rausgerutscht und direkt ein As serviert.
Marco hat um halb neun einen Auftritt. Er hat noch nicht gegessen und trinkt jetzt Bier. Normalerweise isst er, aber wenn es vom Dingdong, von der Zeit her nicht reicht, dann isst er nicht. Mit Matchenko geht es, doch mit Death by Chocolate verausgabt sich Mathias immer dermassen auf der Bühne, dass er vorher nicht fressen kann. Sonst muss er kotzen. Er ist dann eher einer, der sagt, komm, fuck it, ich lasse es sein und trinke lieber Wein. Er wollte eigentlich Wasser sagen.
Marco hat heute nur einmal geschwitzt. Permanence. Er zeigt seine Stirn, darin kann man sich fast spiegeln.
Mathias hat sich vorgenommen, ins Poetry-Slam-Business einzusteigen. Er will auch Schweizermeister werden. Marco findet das legitim. Das sei lustig und auch nicht so schwierig, er habe es ja schliesslich auch geschafft.
Marco findet, Mathias könne sich mittlerweilse gut ausdrücken. Mathias war auch lange in der Logopädie. Marco sagt, das merke man, sein “L” sei früher wie ein “R” gewesen. Und das “N” klang wie ein “Aha”, sagt Mathias. Und das “Ja” wie ein “Nein”.
Patent Ochsner schauen zu, pooooooooaaah, dass muss Marco grad dem Urs erzählen. Mathias sagt, Patent Ochsner wären jetzt ja eigentlich sicher easy am an Festivals rumdingern. Aber jetzt haben sie nichts zu tun und schauen schnell, was beim “Herrgöttli panaschiert” so passiert.
Mathias muss sein Dingdong putzen. Jetzt sehen sie sich wieder besser.
Mathias muss so vielen Leuten winken. Er findet das mega schön, fuck mann.
“Glatti Sieche”, schreiben Patent Ochsner. Das ist der beste Tag im Leben von Marco. Fuck, auch Mathias ist starstruck. Marco kann nur noch Screenshots machen. Mathias und Marco schieben: Patent Ochsner sind auch glatte Sieche.
Jetzt sind sie nervös und wissen nicht mehr, was sagen. Mathias zitiert die “W.Nuss Vo Bümpliz”. Mehr nicht.
Folgen Patent Ochsner Mathias, fragt Marco.
“Si zieht dür d’Gass wines liechts flüssigs Fass.” Marco und Mathias haben den Text jahrelang falsch verstanden. Geil wäre, wenn man Lyrics nehmen würde, sagt Marco, ohne den Satz zu beenden. “… liecht u flüssig wi im Fass”. Mathias und Marco sagen, Büne müsse verständlicher singen, nicht immer durch den Strohhut nuscheln.
Marco fragt sich, wer jetzt genau in die Logopädie hätte gehen sollen.

Marco sagt, er sei auch in der Logobädii gewesen. Er hat seine Zunge immer am falschen Ort hingetan. Mathias hatte seine Zunge immer am Knie unten, wenn er das “S” sagen wollte.
Mathias schlägt vor, einen Podcast zu starten. Die Leute sind wieder mehr draussen, es ist Sommer, auch sie sind immer unterwegs. Deshalb könnte man die Sendung mit oder ohne Bild aufnehmen – obwohl, ohne Bild würde man nicht sehen, ob Patent Ochsner zuschauen oder nicht. Marco ist es egal, wenn nur zwei Leute zuschalten, solange einer davon Patent Ochsner ist.
Für Marco ist es so sicher wie das Amen auf dem Fussballplatz, dass sie jetzt einen Podcast machen. Für Mathias so sicher wie eine Sicherheitsnadel. Also nicht so sicher, sagt Marco. Mathias muss zuhören. Marco hat sich mal mit einer Sicherheitsnadel grusig ins Füdle gestochen. Das war in Thun bei den Kadetten, im Kindermilitär, bei den Ovi-Offizieren.
Es sieht aus, als wäre Mathias Marcos Hut.
Marco hat damals Faxen gemacht und seine Hosen sind gerissen. Er musste sie mit einer Sicherheitsnadel aus dem Schaufelberger – ein Thuner Kaufhaus erster Güte – flicken. Auf dem WC vom McDonalds hat er sie reingemecht. Er hat sich seine erste Nadel reingemecht. Am Zapfenstreich hat es ihn dann während des Trommelns zu stechen begonnen. Und er dachte, er wäre auch besser mit ein bisschen Durchzug gegangen. Er sei dann buchstäblich aus der Reihe getanzt, sagt er.
Mathias hat das Gefühl, ihm laufe es heute nicht. Marco richtet ein riesen Sorry an die Person, die das Protokoll führt. Das wird wild für sie, sagt Mathias.
Es ist offiziell: Es gibt jetzt dann einen Podcast, ausser wenn jemand darum bittet, keinen zu machen. Dann machen sie ihn trotzdem.
Marco ist in Basel sein Ventilator aus dem Estrich geklaut worden. Er zittert wieder wegen der Zügelkisten. Wer macht sowas, fragt er. Mathias sagt, das seien die gleichen Leute, die Velos klauen. Marco meint, Velos stehen immer draussen. Aber aus dem Estrich? Das ist wie aus dem Keller.
Es ist nicht irgendein Ventilator gewesen. Marco ist ein Rechercheur. Er googlete und fand ihn: den leisesten Ventilator der Welt. Der habe sogar einen Award gewonnen, sagt er. Den Silent Award. Der Ventilator kostete Marco 190 Stutz. Er war so leise, dass er dauernd reingelaufen ist und ein paar Zehen verloren hat.
Bei “1 gegen 100” würde es Marco füdlen. Für diese Sendung zahlt er Billag, also Serafe, also Teneriffa. Die neue Moderatorin klingt ein bisschen wie Susanne Kunz, sagt er. Mathias fragt sich, ob sie vielleicht nicht einfach ein bisschen so tönen will. Wer will das nicht, sagt Marco, Susanne Kunz ist ein guter Chnüttu, die hat immer einen guten Job gemacht.
Marco ist mal bei “Eiger, Mönch & Kunz” aufgetreten. Das hätte er früher erzählen sollen, jetzt sind Patent Ochsner vermutlich nicht mehr da. Er war damals noch recht jung und hat die Band da zum ersten Mal gesehen. Büne hatte keine Schuhe an, Marco fand das geil. Im Fernsehen und barfuss. “Chum mir zünde hüt üsi Wohnig a”, diesen Song hätten sie da gespielt, sagt Marco. Seit dem Moment ist er Patent Ochsner Fan. Also dank Susanne Kunz. Und heute haben sie zugeschaut. Der Kreis schliesst sich. Auch, weil Mathias Tschätschu, Tschätschi Tschan wieder gesehen hat.
Marco muss heute etwas früher abklemmen. Er muss noch was essen. Mathias fragt, ob er auch beim Schiffen schon mal früher abklemmen musste. Ihm selber ist das heute passiert, beim Autoverlad Lötschberg. Sie kamen an, der Zug voll, Ampel auf Rot, Oli ist gefahren, Mathias schnell raus ins Pissoir. Dann bekam er Angst, dass sie ihm davonfahren und ououou, klemmte ab und rannte los. Marco ist etwas ähnliches in Goppenstein passiert. Er war bei einer Art Böschung und konnte einfach nicht. Es kam nichts, obwohl er so dringend musste. Er wollte Henä nicht warten lassen, ging zurück und beim Weiterfahren musste er dann auf einmal. Dann hat ers verklemmt.
Mathias hat noch nie ein Baby gewickelt, doch er hat schon oft gehört, dass die einen anpinkeln. Marco hat sich schon immer selber gewickelt – Mathias macht das bis heute nicht selbst. Geil. Ah fuck, Mathias und Marco lassen es gut sein.
War das das letzte Mal in der Form? Marco würde sagen.
Marco und Mathias freuen sich auf den Podcast. Sie würden sagen, sie nennen ihn “Herrgöttli panaschiert”. Das fühlt sich gut an in Marcos Mund. Sie trinken heute noch eins, zu der jeweiligen Ehre des anderen.
Sie wünschen sich schöne Ferien und machen Schluss.
Ah, Mathias muss ja beenden.
* Diese Protokolle (hier sind sie gesammelt) erscheinen mit Ausnahme bis auf Weiteres immer freitags. Die Live-Gespräche könnt ihr euch jeweils donnerstags um 19 Uhr live oder als Filmli gespeichert auf den Insta-Profilen von Mathias Schenk und Marco Gurtner reinziehen. Der Wallisbieler Schriftsteller Rolf Hermann liest in den Folgetagen aus dem Protokoll, was dann auch auf Instagram zu finden ist.