Eurodance zur Apokalypse

Ich kann euch schon sagen, warum ich keine ernstzunehmende Musikkritikerin bin: Ich hab was gegen die Unterscheidung von guter und schlechter Musik. Für mich gibt es Musik, die mich persönlich begeistert, dann gibt es Musik die mich persönlich nicht begeistert, und dann gibt es Musik, die ich zuhause nicht unbedingt hören würde, die aber trotzdem geil ist. So wie “MEGAMIX” von Capslock Superstar.

Ihr kennt diesen Sound, zumindest in Reinform, und zwar aus den 90er Jahren. Das ist fetter Eurodance. In diesem speziellen Fall wird er von Schlager durchzogen, mit Texten im Ostschweizer Dialekt ausstaffiert, und mit dem obligaten Touch Anti-Hipstertum-Hipstertum, das Rockette-Gastautorin Jessica Jurassica und DJ Netlog (der mit Misses Poe übrigens schon in unserem Büro aufgetreten ist) auch über die Sozialen Medien zelebrieren. Es geht grosso modo um Saufen, pardon, Prosecco Saufen, Schloten, Abstürzen, in der gruusigen Absteige oder auch im schicken Club, scheissegal, es kommt ja eh nicht drauf an in dieser üblen, üblen Welt. Und es geht um Alltägliches wie den Niedergang der Gesellschaft.

Und warum genau schreib ich davon? Weil ich es immer schon mochte, wenn sich zwei Sorten von Ästhetik gegenseitig erschlagen – in diesem Fall der Kitsch und der Siff. Ich mag, wie eine brutale Wahrnehmung der Welt mit ebensolchem Vokabular und gleichzeitig einer so lieblichen Stimme vermittelt wird. Und wie Capslock Superstar den Sound zur drohenden Apokalypse mit Harmonien unterlegen, die ich von den Calimeros her kenne, und dazu davonfliegen möchten.

Und eben, ich sags ja, man kann das mögen oder nicht – aber dieses Projekt hat definitiv einen hohen künstlerischen Anspruch und demnach seine volle Berechtigung. “MEGAMIX” ist ein Album, das ich zuhause nicht unbedingt hören würde, das aber trotzdem geil ist.

CAPSLOCK SUPERSTAR: “Megamix”, out (die yungen huren dot hiv)

(Foto: Jeremias Heppeler)

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