Die libanesische Rockband Who Killed Bruce Lee weilt seit einem halben Jahr in Deutschland. Frontmann Wassim Bou Malham, Keyboarder Hassib Dergham, Drummer Malek Rizkallah, und Bassist Pascal Sarkis haben in Berlin ihr Debütalbum “Distant Rendevouz” aufgenommen, sind seit kurzem auf Deutschlandtour, und haben seither im Minimum einen Rucksack mit Reisepass, ein Dusch-Gel und eine Tube Zahnpasta verloren. Das erzählt der Schlagzeuger vor seinem Auftritt am Between The Beats Festival in Lörrach. Zum offiziellen Interview schickt er dann aber den Sänger und den Keyboarder vor.
Wie ist es für eine bärtige Band aus Beirut, diese Tage in Europa aufzutreten?
Wassim Bou Malham: Die Leute haben uns gegenüber Vorurteile. Definitiv. Das Coole daran ist, dass wir das positiv nutzen können. Weil die Leute nicht so recht wissen, was sie von uns halten sollen, werden sie neugierig. Diese Neugierde nutzen wir, um die Leute überhaupt erst an die Shows zu kriegen und ihnen dann zu zeigen, dass es da nicht viel anders ist als an einem Konzert einer amerikanischen, britischen oder französischen Band.
Nervt es, wenn man Ihnen mit einer gewissen Skepsis begegnet?
Wassim Bou Malham: Wir würden die Leute nie für die Bilder, die sie im Kopf haben, verurteilen. Wir erkennen, dass man hier ein mediales Bild vermittelt bekommt, das nicht der Realität entspricht. Und verstehen, dass die Leute dann Dinge fragen wie where did you park your camel.
Vielleicht würde es helfen, wenn Sie Ihre Bärte abrasieren würden.
Hassib Dergham: Sicher nicht, dann hätten alle kalt und ich müsste die ganze Nacht meine Bandkollegen anfurzen.
Wassim Bou Malham: Keiner will das! Natürlich schauen uns die Leute schräg an, wenn wir ein Restaurant betreten. Aber ich geniesse das, ganz ehrlich, ich mag diese Art von Aufmerksamkeit. Und am Ende kostet es mich dann auch keine sechs Sekunden, um jemanden zu entschocken. Sechs Sekunden, nicht mehr.
Denken Sie manchmal, Europäer sind Weicheier, weil sie sich so schnell vor haarigen Männern aus dem mittleren Osten fürchten?
Hassib Dergham: Also die, die mich nerven, die sind schon Pussys.
Wassim Bou Malham: David Gappa, unser Anwalt (und ehemaliger Sänger der H-Blockx Anm. d. Red.) sagt, dass wir Dinge nicht ganz so friedlich regeln wie man es sich hier gewohnt ist. Im Libanon sind wir quick to the gun, das ist unsere Kultur. Wir sind Männer, wir kämpfen. Wir haben eine ganz andere Art, Dinge zu lösen, ich kann schon verstehen, dass das die Menschen hier verunsichert. Wahrscheinlich liegt das daran, dass wir so viel Stress durchmachen mussten. Ein Libanese ist wie ein Berliner plus sechs Tonnen Stress.
Und trotzdem wirken Sie so positiv.
Wassim Bou Malham: Wir Libanesen sind es uns gewohnt, in Situationen zu sein, in denen wir nicht sein wollen. Ein Beispiel: Wir gehen hier oft aus, machen uns gerne schick – also nicht wie jetzt, jetzt bin ich noch im Pyjama – so richtig. Wir sitzen dann in Pubs, reden arabisch und die Leute schauen uns schräg an. Sie denken, Flüchtlinge dürfen doch nach 22 Uhr gar nicht mehr draussen sein. Ich meine, ausgerechnet in dem Moment, in dem wir nach Europa kommen, um unsere Karriere voranzutreiben, kommen eine Million Flüchtlinge mit uns. Das ist das schlechteste Timing überhaupt. Aber weil wir mit solchen Situationen vertraut sind, gehen wir damit ganz anders um. Anstatt wegzurennen umarmen wir die Leute und sagen: Don’t be afraid, we won’t bomb the shit out of you.
Apropos: Als Sie von den Terroranschlägen in Paris gehört haben, was hat Sie mehr schockiert, die Tatsache, dass der schlimmste Angriff bei einem Konzert stattfand, oder die Tatsache, dass Josh Homme dabei hätte sterben können?
Wassim Bou Malham: Haha, das wäre richtig fucked up gewesen.
Hassib Dergham: Don’t touch Josh Homme!!
Den lieben Sie.
Wassim Bou Malham: Jajaja!!
Wenn Sie so Fan sind, schreiben Sie ihm doch mal eine SMS. Iggy Pop tat das ja auch, um ihn für eine Zusammenarbeit anzufragen.
Hassib Dergham: Wir müssen wohl erst vierzig Jahre älter werden, um seine Nummer zu kriegen.
Warum ist Ihnen Josh Homme so wichtig?
Wassim Bou Malham: Er hat sich nie für Chartplatzierungen interessiert und zog stets sein eigenes Ding durch. Das ist es, was ihn nach so vielen Alben und so vielen Jahren immer noch sehr interessant macht. Wir haben dieselbe Philosophie. Immerhin haben wir mehr als 160000 Euro bezahlt, um nach Deutschland zu kommen und hier ein Album aufzunehmen, das genau so klingt wie wir es haben wollen. Wir wollen unabhängig bleiben.
WHO KILLED BRUCE LEE: “DISTANT RENDEZVOUS”, Out (Netmusiczone Records)
Wovon das Album handelt, the Golden Age of Beirut nämlich, und was die beiden Musiker an diesem Abend im Interview mit unserem musikbegeisterten Libanon-Vermittler Victor Argo sonst noch über ihren Sound (“Our music has to be presented in the best way possible. It has to be controversial, it has to be sexy”) und ihre Herkunft erzählt haben (“Beirut has no limits”), steht in diesem lesenswerten Hintergrundbericht bei Your Middle East.
Nächste Konzerte: 14.04., Ulenspiegel, Giessen; 15.04., Garage, Saarbrücken; 16.04., Kulturzentrum franz.K, Reutlingen
(Bilder: Kurt Werren / Pressefoto)